Dienstag, 30. September 2014

Das Bildnis der heiligen Teresa de Jesus (6/8)

Während er das Portät der Mutter malte, kamen die Schwestern neugierig herbei und gaben ihre Kommentare ab.

Eine von ihnen, Catalina von Christus, soll gesagt haben: „Ein bißchen Ähnlichkeit hat es schon. Aber ihr Gesicht mit den lebhaften Augen und der weißen Haut ist doch in Wirklichkeit viel schöner.“
Pater Gracián selbst fand das Bild nicht sehr gelungen; er war der Meinung, daß es den Charme ihres Gesichtes nicht wiedergab.

Bruder Juan ließ sich aber dadurch nicht entmutigen. Er sah das Gesicht der Mutter, und er malte es, so gut er eben konnte. Ein getreues Abbild war erwünscht, und nach diesem Wunsch hatte er sich zu richten.

„Sicher war Bruder Juan kein sehr guter Maler“, bemerkt Pater Efrén. „Aber er bemühte sich ehrlich, das Gesicht der Mutter Teresa so auf die Leinwand zu bringen, wie es wirklich war. Die Leinwand selbst bezeugt die Wahrheitsliebe des Künstlers. Er wollte bis zum Gewebe des Schleiers und zu den Fasern eines Risses, den die Mutter an dem Tag in ihrem Ärmel hatte, alles ganz genau malen. Aber der Stoff trat zu dick hervor, Knitter und Schatten erschienen auf der Leinwand, und die Fasern waren so unglücklich gemalt, daß beim Retuschieren die Ärmel scheinbar spitz zuliefen. Die Schwestern in den Konventen erhoben Einspruch, sobald ihnen das Bild gezeigt wurde; Mutter Maria vom hl. Joseph mußte sie beruhigen, daß es sich nur um einen Fehler an dem Gemälde handelte - ... die Mutter habe keine Änderung am Schleier oder an den Ärmeln vorgenommen.“


Teresa de Jesus (Ausschnitt), Fray Juan de la Misera 1576, Carmelitas Sevilla

Montag, 29. September 2014

Das Bildnis der heiligen Teresa de Jesus (5/8)

Er hörte vom „Heiligen Antlitz“, das in Jaén verehrt wird, zog quer durch Kastilien und bestieg am Ende die Höhenzüge bei Córdoba. Dort oben ließ er sich zwischen den Einsiedeleien als Eremit nieder. Viel später begegnen wir ihm als Schüler des königlichen Hofmalers Alonso Sánchez Coello. Seine Beschützerin Doña Leonor de Mascarenas hatte ihm zu diesem Vorrecht verholten. Als diese Dame in den Karmel eintrat, ahmte Juan Narduch ihr Beispiel nach. Er lernte Mutter Teresa kennen und trat als Laienbruder in den Orden ein, wo er den demütigen Namen „Johannes vom Elend“ annahm.


Das heilige Antlitz (Santo Rostro) in der Kathedrale von Jaén

Sonntag, 28. September 2014

Das Bildnis der heiligen Teresa de Jesus (4/8)

Bruder Juan malte also. Während er das Bild entwarf - das einzige echte Porträt, das ihn, mehr noch als sein Modell, unsterblich machen sollte - da dachte er vielleicht auch an sein wechselhaftes, unstetes Leben.

Er nannte sich Bruder Juan de la Miseria, Johannes vom Elend. In der Welt hieß er Juan Narduch. Er war im alten Königreich Neapel geboren, in dem Flecken Casar Ciprano. Seine Eltern waren einfache Wollkämmer, die ihn im christlichen Glauben und in der Frömmigkeit erzogen. Er war noch sehr jung, als er bei den Franziskanern der strengen Observanz eintrat, aber das Ordensleben langweilte ihn bald. Er zog es vor in der Welt herumzureisen, um sich selbst die Pilgerstätten anzuschauen, von denen er soviel gehört hatte. Juan Narduch pilgerte nach Santiago und warf sich zu Füßen des Apostels Jakobus nieder, nachdem er das an Abenteuern reiche Spanien des 17. Jahrhunderts durchquert hatte. In Burgos verehrte er das berühmte Kruzifix, den „Heiligen Christus“. Während einer nicht allzu langen Zeit lebte er als Einsiedler in einem Heiligtum der Madonna von Villanueva de Ajos. Darauf ging er nach Palencia, wo er die Bildschnitzerei erlernte. Man darf nicht vergessen, daß Palencia damals das Zentrum der kastilischen Kunst war, die der Welt jenes Wunder von Licht und Schmerz schenkte, das aus den Händen von Berruguete, Juni und Gregorio Hernández hervorging. Aber Narduch war nicht der Mann, der es aushielt, sein Leben zwischen den Hölzern der Werkstatt und Getreidefeldern zu fristen.

Santa Teresa, Gregorio Hernández (1576-1636)

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