Samstag, 28. Februar 2015

Das Verfahren

Ich sage: alle, wenn es auch viele Seelen gibt, die mehr Nutzen aus anderen Betrachtungen als aus jenen über das heilige Leiden Christi ziehen.

Denn wie es im Himmel viele Wohnungen gibt, so gibt es auch viele Wege dahin. Einigen ist es nützlich, wenn sie über die Hölle, anderen, für die der Gedanke an die Hölle zu betrübend ist, wenn sie ber den Himmel, und wieder andere, wenn sie über den Tod Betrachtungen anstellen. Einige sind so weichherzig, dass es ihnen sehr schwer wird, immer über das Leiden Christi nachzudenken.

Dagegen betrachten sie mit Freude und Nutzen die Macht und Größe Gottes in den Geschöpfen sowie die Liebe, die er zu uns getragen und die aus allem hervorleuchtet.

Dies ist ein vortreffliches Verfahren; nur darf auch die oftmalige Betrachtung des Lebens und Leidens Christi nicht unterlassen werden, denn durch dieses kam und kommt uns alles Gute zu.

Leben 127f

(353-20150228)

Freitag, 27. Februar 2015

Ein Beispiel

Um also auf das Gesagte zurück zu kommen, so wollen wir annehmen, der Gegenstand der Betrachtung sei ein Geheimnis aus dem Leiden des Herrn, z. B. die Geißelung, bei der er an die Säule gebunden dasteht.

Der Verstand forscht nach den Ursachen, die der Herr in dieser Verlassenheit erduldet hat, und nach vielem anderen, was ein tätiger und wissenschaftlich gebildeter Verstand in diesem Geheimnis finden kann.

Dies ist die Gebetsweise, mit der alle beginnen, fortfahren und enden müssen. Sie ist ein vortrefflicher und sicherer Weg, den alle gehen müssen, bis der Herr sie zu anderen, übernatürlichen Dingen erhebt.

Leben 127

(352-20150227)

Donnerstag, 26. Februar 2015

Ich will mich noch besser erklären

Die Dinge, die das innerliche Leben betreffen, sind alle schwierig und, wenn man keine Lehrmeister findet, sehr schwer zu verstehen.

Zwar möchte ich mich gerne kurz fassen, und für den hohen Verstand dessen, der mir diese Dinge zu schreiben aufgetragen hat, wäre es auch genug, sie nur einfach zu berühren.

Allein bei der erwähnten Schwierigkeit lässt es meine Ungeschicklichkeit nicht zu, mich über etwas, an dessen richtiger Erklärung so viel gelegen ist, mit wenigen Worten auszudrücken und es dadurch verständlich zu machen.

Da ich selber sehr viel ausgestanden habe, habe ich Mitleid mit jenen Seelen, die bloß durch Bücher geleitet das innerliche Gebet beginnen; denn es ist erstaunlich, wie so ganz anders man diese Dinge versteht, wenn man sie später aus der Erfahrung kennenlernt.

Leben 127

(351-20150226)

Mittwoch, 25. Februar 2015

An den Geschmack gewöhnen

Sie mögen ihm ohne mühsam zusammengesetzte Worte ihre Anliegen vortragen und ihm bekennen, wie gerechte Ursache er hätte, sie in seiner Gegenwart gar nicht zu dulden. So soll man bald die eine, bald die andere Übung vornehmen, damit die Seele keinen Überdruss bekommt, wenn sie immer die nämliche Speise genießen muss.

Die genannten Speisen sind, wenn der Geschmack einmal daran gewöhnt ist, sehr angenehm und gedeihlich. Sie enthalten kräftige Nahrung in sich, um der Seele Leben mitzuteilen, und bringen auch sonst manchen Gewinn.

Leben 126f

(350-20150225)

Dienstag, 24. Februar 2015

Ohne den Verstand zu ermüden

Ich halte solchen Verlust für großen Gewinn. Sie sollen sich nur, wie ich schon gesagt habe, Christum vorstellen und, ohne den Verstand zu ermüden, zu ihm reden und seiner genießen.

Leben 126

(349-20150224)

Montag, 23. Februar 2015

Die, mit dem Verstande

Was aber die ersteren betrifft, so sage ich, sie sollen nicht die ganze Zeit des Gebetes mit Nachsinnen zubringen.

Es ist zwar diese Gebetsweise sehr verdienstlich; weil sie aber zugleich sehr angenehm ist, so meinen solche Seelen, sie dürften gar nicht Sonntag halten und keinen Augenblick von der Arbeit ausruhen. Dies schien ihnen gleich Zeitverlust zu sein.

Leben 126

(348-20150223)

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