Freitag, 19. Oktober 2012

S. Teresa: Die innere Burg – Castillo - 223


6.W.K.9.13. Er hielt das, was einige rieten, nämlich „den Stinkefinger zu zeigen“,30 sobald sie irgendeine Vision schauten, für ganz verkehrt, denn er sagte, dass wir unseren König zu verehren hätten, wo immer wir ihn gemalt sähen; und ich sehe ein, dass er Recht hat, denn es würde ja schon hienieden wehtun. Wenn jemand, der einen anderen Menschen gern hat, wüsste, dass dieser seinem Porträt derartige Schmähungen zufügte, würde ihm das wohl kaum gefallen. Um wie viel mehr ist es dann begründet, überall da, wo wir ein Kruzifix oder ein Bildnis unseres Herrschers sehen, Ehrfurcht walten zu lassen! Auch wenn ich bereits anderswo darüber geschrieben habe,31 machte es mir Freude, es hier niederzuschreiben, da ich erlebt habe, dass eine bestimmte Person, der man aufgetragen hat, dieses Hilfsmittel anzuwenden, ganz geknickt war.32 Ich weiß nicht, wer so etwas erfunden hat, um eine zu quälen, wo ihr doch nichts anderes übrig bleibt als zu gehorchen, sobald ihr der Beichtvater diesen Rat gibt, da sie sonst, wenn sie es nicht tut, meint verloren zu gehen. Mein Rat ist, ihm in Demut dieses Argument entgegenzuhalten und seinen nicht anzunehmen, auch wenn er euch diesen geben sollte.33 Mir hat bestens zugesagt, was mir einer, der mir das in diesem Fall sagte, an ausgezeichneten Argumenten geliefert hat.34

Anmerkungen
30 Que den higas (Feigen zu machen), womit eine aus römischer Zeit stammende obszöne Geste gemeint war, die Verachtung für das Gegenüber ausdrücken sollte (indem man mit geballter Faust den Daumen zwischen Zeigefinger und Mittelfinger hervorstreckt); vgl. V 25,22 und vor allem V 29,5f bzw. F 8,3, wo sich mit dieser Geste eine sehr schmerzhafte Episode für die Autorin selbst verbindet. Geste und Ausdruck waren auch in anderen romanischen Ländern bekannt (in Frankreich: faire la figue; in Italien: fare la fica). Daneben existierte ein Amulett in dieser Form, dem magische Kraft gegen den bösen Blick und sonstige Formen der Verhexung zugeschrieben und das aus diesem Grund in der Gegend von Ávila und Salamanca den Kindern umgehängt wurde. Die deutsche Entsprechung ist der Stinkefinger.
31 Siehe F 8,3.
32 Sie selbst; siehe V 29,5f.
33 Der Leser beachte die herbe Kritik am Verhalten des Beichtvaters und die Autorität, mit der Teresa ihren Schwestern rät, in diesem Fall nicht zu gehorchen.
34 Wohl eine erneute Anspielung auf Domingo Báñez. Auch Juan de Ávila hatte in seinem Brief an Teresa vom 12. September 1568 sein Entsetzen über diese Entgleisung zum Ausdruck gebracht: „Wenn diese Visionen kommen, ohne dass man sie herbeiwünscht, muss man sie zwar möglichst fliehen, aber nicht, indem man ihnen den Stinkefinger zeigt; ... denn es hat mich wirklich entsetzt, dass das in diesem Fall geschah, und mir sehr wehgetan“ (BMC 2,209 bzw. Juan de Ávila, Obras Completas, Bd. 5, 574). Allein die Tatsache, dass die Autorin noch 1577 auf diese Geschichte aus dem Jahr 1560 zurückkommt und ihre Mitschwestern zum Widerstand gegen einen solchen Beichtvater aufruft, zeigt, wie schmerzhaft sie für sie gewesen sein muss.

(Teresa von Avila, Wohnungen der Inneren Burg, Vollständige Neuübertragung, Gesammelte Werke Bd.4, Herder 2005, Herausgegeben, übersetzt und eingeleitet von Ulrich Dobhan OCD, Elisabeth Peeters OCD)

13. Parecíale muy mal lo que algunos aconsejan, que den higas cuando así viesen alguna visión; porque decía que adondequiera que veamos pintado a nuestro Rey, le hemos de reverenciar; y veo que tiene razón, porque aun acá se sentiría: si supiese una persona que quiere bien a otra que hacía semejantes vituperios a su retrato, no gustaría de ello. Pues ¿cuánto más es razón que siempre se tenga respeto adonde viéremos un crucifijo o cualquier retrato de nuestro Emperador? Aunque he escrito en otra parte esto, me holgué de ponerlo aquí, porque vi que una persona anduvo afligida, que la mandaban tomar este remedio. No sé quién le inventó tan para atormentar a quien no pudiere hacer menos de obedecer, si el confesor le da este consejo, pareciéndole va perdida si no lo hace, y el mío es que, aunque os le dé, le digáis esta razón con humildad y no le toméis. En extremo me cuadró mucho las buenas que me dio quien me lo dijo en este caso.

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